Appropriation Art

Der Gebrauch von fremden Arbeitsergebnissen geistigen Eigentums ist grundsätzlich ohne Erlaubnis des Schöpfers nicht erlaubt. Ausnahmen bestehen beispielsweise durch das Zitatrecht. Doch wie sieht es mit Bildzitaten aus? Unter welchen Voraussetzungen sind solche erlaubt? Und wie steht es um die Kunstform der Appropriation Art, der Aneignungskunst? Aus aktuellem Anlass mit Blick auf die derzeitige Ausstellung im Museum für Gegenwartskunst in Basel nehme ich dieses Thema etwas genauer unter die Lupe.

 

 

Was ist eigentlich Appropriation Art?

Wikipedia definiert Appropriation Art als Kunstform, «(…) wenn Künstler bewusst und mit strategischer Überlegung die Werke anderer Künstler kopieren, wobei der Akt des Kopierens und das Resultat selbst als Kunst verstanden werden sollen.», wobei die Aneignung selber kritisch oder würdigend motiviert sein könne.

Als Material werden meist Sujets aus der Werbefotografie, Pressefotografie, Archivbilder, Filme, Videostills und ähnliches Bildmaterial verwendet – allesamt i.d.R. eigens urheberrechtlich geschützte Werke.

 

Appropriation Art – eine neuere Kunstform?

Während die Kunstrichtung der Appropriation Art als solche bzw. als Begriff erst seit der Ausstellung «Pictures» im New York Artists Space im Herbst 1977 verwendet wird, gehört Aneignung in mehr oder weniger offensichtlicher Form zur Kunst seit es selbige gibt. Von Picasso und Braque über Duchamp und Dada bis hin zu Fluxus und Pop-Art – Künstler bedienten sich schon früher bei anderen als «Inspiration».

Entscheidend bei der Appropriation Art ist, dass dabei der Konzeptgedanke im Mittelpunkt steht, die Aneignung mithin nur als Mittel zum Zweck dient, den Gedanken bildlich auszudrücken. (vgl. u.a. Herbert Pfortmüller: «Deine Kunst ist meine Kunst» in: NZZ vom 10.10.2009)

Doch reicht dies schon für die Erlangung eigenen Urheberrechtsschutz? Kehren wir in einem ersten Schritt kurz zurück zum Wikipedia-Artikel und betrachten zunächst dessen Aussagen zur Rechtssituation.

 

Rechtssituation der Aneignung

Nach Wikipedia

Zur rechtlichen Situation von Appropriation Art vermerkt Wikipedia folgendes:

«Ein Werk der Appropriation Art kann auch im Sinne des Urheberrechts geschützt sein, selbst wenn es einem bereits existierenden Werk eines anderen Künstlers bis ins Detail gleicht. Die schützbare kreative Leistung besteht dann in der Entwicklung des Konzepts und der eigenständigen Strategie des kopierenden Künstlers.»

Zunächst anscheinend eine korrekte Aussage, insbesondere die KANN-Formulierung, die alles und nichts besagt. Wobei die «Entwicklung des Konzepts» und die «eigenständige Strategie» eben nicht urheberrechtlichen Schutz erlangen können, so sie denn nicht textlich manifestiert werden, will heissen, als Text niedergeschrieben werden. Was wiederum in den meisten Fällen bei Kunstwerken der Appropriation Art fehlen dürfte, da die Künstler keine entsprechenden Konzepte zu einem Kunstwerk verfassen. Insofern eigentlich eine korrigierungswürdige Formulierung.

 

Kopieren als schützenswerter Vorgang?

Weiter führt der Artikel aus: «Da jedoch argumentiert werden kann, dass es sich auch beim Vorgang des Kopierens in diesem Falle um einen originären, künstlerischen Vorgang handelt, kommt es selten zu Konflikten juristischer Art.» Mindestens generell kann eine solche Formulierung nicht unwidersprochen stehen bleiben. Sonst dürfte jeder einfach Kopieren mit dem Argument, dabei stünde der künstlerische Gedanke im Vordergrund! Mit einer solchen Formulierung als Erklärungs-Freibrief dürften sich alle Filesharing-Hoster und Raubkopierer ja dankbar die Hände reiben…

 

Wert und materielle Existenz als Entscheidungskriterium für Verletzungshandlung?

Und als nächster Satz: «Zudem wird der Wert des Vorbilds in der bildenden Kunst, anders als bei Medienprodukten, meist an dessen materielle Existenz gebunden, die durch eine Appropriation nicht beeinträchtigt wird.» Es kann bei dieser Formulierung nur spekuliert werden, was der Verfasser zu sagen beabsichtigte. Wohl, dass das Ursprungswerk nicht unmittelbar tangiert oder in sonstiger Form – z.B. wertmässig – herabgesetzt wird. Allerdings ist hier festzuhalten, dass eine Verletzungshandlung eines urheberrechtlichen Werkes kein solches Kriterium kennt, dass sich am Wert des «Vorwerkes» orientiert. Jedenfalls besteht auch hier Klärungsbedarf.

Der Absatz schliesst mit einem Verweis auf die Kunst- und Medienfreiheit, welcher als «Auffangtatbestand» und Notklausel herangezogen wird, um die Verwendung von «Vorwerken» zu rechtfertigen. Etwas dürftig, Wikipedia.

 

Ausblick: Rechtslage nach Schweizer Recht

Als nächsten Beitrag werde ich die Rechtssituation aus Sicht des Schweizer Rechts noch etwas klarer ausleuchten. Zudem werden später einige Ausführungen zum Bild dieses und des kommenden News-Posts gemacht. Schliesslich sind sie auf das Thema zurückzuführen.

 

Ausstellung zum Thema

«Von Bildern. Strategien der Aneignung»
Museum für Gegenwartskunst in Basel
bis 24. Januar 2016